Am 25. April feierte straiv sein 10-jähriges Bestehen. Ein Jahrzehnt, das von unzähligen Herausforderungen, überwältigenden Erfolgen und vor allem von den Geschichten geprägt ist, die uns zu dem geformt haben, was wir heute sind. In diesem Rückblick möchte ich, Patrick Luik, Gründer und Chairman von straiv, euch mit auf eine kleine Zeitreise nehmen und einige dieser prägenden Momente und Anekdoten mit euch teilen.
Die erste Vision: Revolution für Restaurants
Unsere anfängliche Vision war klar: Wir wollten die Gastronomie digitalisieren und revolutionieren, indem wir Gästen ermöglichen, einfach und unkompliziert per Smartphone zu bestellen und zu bezahlen – ohne lästige App-Downloads oder zusätzliche Hardware wie Tablets. Es erschien uns ineffizient und wenig nachhaltig, wenn Restaurants eigene Geräte ausgaben, anstatt die ohnehin vorhandenen Smartphones ihrer Gäste zu nutzen.
Der bescheidene Anfang: Unser erstes Büro im Keller
Unser erster Startpunkt war ein bescheidener Raum im Keller meiner Großeltern in Esslingen-Zollberg. Was in den USA oft die Garage ist, war für uns dieser holzvertäfelte Raum mit Eckbank. Letztere musste zwar bald Schreibtischen und Bürostühlen weichen, aber der Geist dieses Anfangs blieb. Unzählige Nächte verbrachten wir dort, oft bis zwei Uhr morgens, damals noch mit dem Fokus auf einer Lösung für Restaurants.

Bei mir liefen zu der Zeit vier fordernde Projekte gleichzeitig – unser junges Startup, während ich gleichzeitig in einer Beratung arbeitete, im Bundesvorstand einer politischen Jugendorganisation aktiv war und am Wochenende nebenberuflich studierte. Rückblickend ist es schlichtweg erstaunlich, was man erreichen kann, wenn man mit vollem Herzen einer Sache verschrieben ist. Dieser Glaube an die unbändige Kraft der Entschlossenheit prägt mich bis heute. Doch die Realität holte uns ein. Wir mussten grundlegende Entscheidungen treffen, deren ganze Tragweite sich erst später zeigen sollte.
Ein entscheidender Schritt: Der Umzug zu CODE_n
Ein entscheidender Wendepunkt war die Begegnung mit CODE_n. Mein Mitgründer Alex Haußmann machte mich auf diese Initiative aufmerksam, und schnell erkannte ich das immense Potenzial: „richtige“ Büroräume, der Austausch mit anderen Gründern, erfahrenen Unternehmern und visionären Köpfen. Es klang unglaublich inspirierend und lehrreich. Meine wöchentlichen Nachfragen bei Alex, ob wir der Initiative beitreten wollen, wurden nicht weniger und seine Gelassenheit blieb bewundernswert. Schließlich erhielten wir die Einladung zur persönlichen Präsentation, bei der wir Moritz Gräter und sein Team kennenlernten.
Das moderne Ambiente, das überzeugende Konzept – es war klar: Hier mussten wir hin! Die Zusage folgte, und wir zogen gemeinsam mit dem Startup “refine” in unser neues Büro. Schnell füllten sich die Räume mit weiteren ambitionierten Teams, und ein ganz besonderer Gründergeist entstand, an den ich mich noch heute gerne erinnere. Ich bin überzeugt, dass unsere Zeit bei CODE_n maßgeblich zu unserer Erfolgsgeschichte beigetragen hat.

Voller Einsatz und erste Rückschläge
Für mich persönlich markierte der Umzug zu CODE_n den Beginn einer neuen Ära. Ich kündigte meinen sicheren Vollzeitjob und verzichtete auf eine erneute Kandidatur im Bundesvorstand. Mein Wochenendstudium zog ich irgendwie weiter durch – der Fokus lag aber nun klar auf unserem Startup. Fabi investierte seine Abende und Wochenenden und sicherte mit seinem Einkommen die Miete für CODE_n, während Alex und ich bereits ohne Gehalt die Basis legten. In dieser intensiven Phase wählte jeder von uns ein persönliches Motto. Meines war: „Besser etwas riskieren, als es für immer zu bereuen, es nicht versucht zu haben.“ CODE_n selbst hielt übrigens nie Anteile an unserem Unternehmen, unterstützte Unternehmertum aber auf eine Weise, die größten Respekt verdient! Ein herzliches Dankeschön an Moritz Gräter, CODE_n und Ulrich Dietz sowie an all die anderen großartigen Menschen, deren Namen hier leider den Rahmen sprengen würden.
Der erste Dämpfer und die Kurskorrektur
Doch zurück zu den Anfängen und den Herausforderungen. Ich erinnere mich noch lebhaft an die Präsentation unserer Innovation im ersten Café in Esslingen. Die prompte und unmissverständliche Reaktion: „Kein Interesse. Haben Sie Schnittstellen? Funktioniert nicht!“ Das saß. Wenn uns der vermeintlich perfekte erste Kunde so direkt abweist, könnte es schwierig werden. Nach einigen weiteren Rückschlägen stecken Alex, Fabi und ich die Köpfe zusammen und trafen eine schnelle Entscheidung: Warum nicht auch Hotels ins Visier nehmen? Der Großteil der Software ließ sich übertragen, wir mussten lediglich „Tisch“ durch „Zimmer“ ersetzen. Ein Pivot in Windeseile – fast. Denn anfänglich behielten wir den Restaurantbereich noch bei. Waren wir inkonsequent oder einfach nur extrem opportunistisch?
Der erste Erfolg: Ein Hotel als Kunde
Doch der Strategiewechsel zahlte sich aus, denn kurz darauf gewannen wir unseren ersten zahlenden Hotelkunden – ein Haus aus Esslingen, das uns bis heute die Treue hält und für mich und straiv eine immense Bedeutung hat. Danke an Daniel, seine Familie und das gesamte Team des Hotel am Schillerpark!

Wir wähnten uns auf dem richtigen Weg und präsentierten uns auf unserer ersten großen Fachmesse, der INTERGASTRA 2016, mit neuem Selbstbewusstsein. Doch es sollten noch viele Monate vergehen, bis unser zweiter zahlender Kunde hinzukam. Unsere Ersparnisse schwanden rapide, selbst bei minimalen Lebenshaltungskosten. Es folgten schlaflose Nächte, hitzige Diskussionen – und schließlich die Entscheidung, den Restaurantbereich komplett aufzugeben und uns voll und ganz auf Hotels zu konzentrieren. Für straiv war das ein echter Wendepunkt und für mich persönlich eine der besten unternehmerischen Entscheidungen, die wir je getroffen haben.
Existenzängste und die Suche nach Kapital
Die darauffolgende Phase war intensiv, geprägt von Höhen und Tiefen. Ich erinnere mich an viele unruhige Nächte, an den ständigen Kontostand-Check, der ein beunruhigendes Ritual wurde. Neben dem Schlafmangel durch die lange Arbeitszeit gesellten sich Existenzängste hinzu – eine Erfahrung, die ich niemandem wünsche! Gleichzeitig wuchs die Nachfrage nach unserem Produkt. Namhafte Hotelketten entschieden sich für uns – ein unglaublich motivierendes Gefühl, und ich bin diesen Entscheidungsträgern bis heute dankbar für ihr Vertrauen. Wir hatten jeden Cent in das Unternehmen investiert und uns selbst noch kein Gehalt gezahlt. Wie sollten wir weitermachen? Wovon leben?
Der geplatzte Deal und die eigene Initiative

Die damalige Lösung schien ein Investment zu sein. Die Medien berichteten euphorisch über Finanzierungsrunden, also verfolgten wir diesen Weg – mit Erfolg. Wir standen beim Notar, bereit, einen mittleren sechsstelligen Betrag aufzunehmen. Wir waren überglücklich und hatten bereits potenziellen neuen Kollegen Stellen angeboten. Doch dann kam der Schock: Wochen vergingen, und kein Geld kam an. Fabi, Alex und ich zogen die Notbremse. Wir nahmen uns eine Nacht, um darüber zu „schlafen“ – sofern das überhaupt möglich war. Am nächsten Tag sahen wir in unseren Augen einen unerschütterlichen Willen, weiterzukämpfen, trotz aller finanziellen Sorgen. Wir waren fest davon überzeugt, dass unser Startup Potenzial hat.
Ich traf eine klare persönliche Entscheidung, um meinen Mitgründern, meiner Familie und meinen Freunden zu zeigen, dass ich langfristig dabei war: Ich verkaufte mein Auto, was uns weitere Monate verschaffte, um an unserem Traum zu arbeiten. Dass ich danach für sieben Jahre (bis Ende 2024) ein Auto mit meiner Großmutter teilen würde, hätte ich nie erwartet, aber materielle Dinge spielten zu diesem Zeitpunkt keine Rolle mehr. Leidenschaft stand an erster Stelle!
Der erste Lohn und wachsende Anerkennung
Schließlich verbesserte sich die Situation. Nach anderthalb Jahren zahlten wir uns unser erstes Gehalt – 1.700 € brutto. Es war ein unglaubliches Gefühl, das mir endlich wieder mehr soziale Teilhabe ermöglichte. Auswärts essen war zwar noch immer ein Luxus, aber es war ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Eine niedrige private Kostenstruktur war und ist entscheidend! Mein Respekt vor (Solo-) Unternehmern wuchs in dieser Zeit immens, und mein Glaube an unseren Erfolg festigte sich: Wenn wir hart arbeiten, unseren Kunden und Partnern zuhören und klug wirtschaften, können wir es schaffen.
Ehrlichkeit als Grundpfeiler und Teamgeist als Motor
Als eigenfinanziertes Startup brauchten wir dringend Einnahmen. Doch von Tag eins an setzten wir auf volle Transparenz gegenüber potenziellen Kunden. Keine falschen Versprechungen, keine Jagd nach Deals, hinter denen wir nicht standen. Das bedeutete natürlich, dass wir auch Chancen verpassten. Aber wir waren überzeugt, dass sich Ehrlichkeit und Transparenz langfristig auszahlen würden – für unsere Kunden und für uns. Und wir wuchsen weiter. Von einem Raum zu zwei, acht Schreibtische für zehn Leute. Wir teilten alle Ambition, Vertrauen und ein echter Teamgeist und das schweißte zusammen. Wir pflegten regelmäßige Teamevents, von Alpaka-Wanderungen bis zu Brauereiführungen. Ein Highlight war unser jährliches „Family & Friends“-Event, bei dem wir unseren Liebsten zeigten, woran wir arbeiteten und warum wir so oft fehlten. Eigenfinanziert zu sein bedeutete, begrenztes Kapital durch bessere Entscheidungen und unerbittlichen Einsatz auszugleichen. Und genau das sah ich in unserem Team. Es war eine besondere Zeit.

Innovation und Partnerschaft als Schlüssel zum Erfolg
Zu dieser Zeit trafen wir auch eine sehr wichtige Schlüsselentscheidung für straiv: die Einführung unseres zweiten Produkts – ein Smartphone-Self-Check-in ohne jegliche App. Es war der logische nächste Schritt in unserer Mission, die Guest Journey zu digitalisieren. Diese spannende Phase des Wachstums spiegelte sich auch in unserem Team wider, das auf rund 20 talentierte Mitarbeiter anstieg. Ein erneuter Umzug wurde notwendig, um den neuen Teammitgliedern und den erweiterten Aufgabenbereichen gerecht zu werden. Gleichzeitig begannen wir, strategische Partnerschaften mit anderen wichtigen Akteuren der Branche zu knüpfen. Unsere Philosophie dabei war klar definiert: Partnerschaft bedeutete für uns immer ein Schulterschluss, ein gemeinsames Anpacken und die Entwicklung von Lösungen, die im besten Interesse unserer Kunden lagen – ohne Raum für Schuldzuweisungen, sondern mit einem klaren Fokus auf Kollaboration und Win-Win-Situationen.
Die COVID-Krise: Vom Wachstum zur Bewährungsprobe
Dann traf uns und die gesamte Industrie die COVID-Pandemie. Vom Wachstumsmodus in den Krisenmodus. Alles stand still. Einige schwenkten auf andere Branchen um. Wir entschieden uns, der Hotellerie treu zu bleiben – auch während einiger Monate Kurzarbeit. Wir bauten weiter, glaubten weiter an uns selbst und unsere Produkte. Einige harte Entscheidungen ließen sich nicht vermeiden – die Trennung von neu eingestellten Kollegen während der Probezeit. Menschen, die wir schätzen gelernt haben. Für Alex und mich war das unglaublich schwer. Aber das Verständnis im Team war überwältigend. Keine Vorwürfe, nur Zusammenhalt. Diese Zeit hat uns geprägt. Als Team. Als Unternehmen. Rückblickend hat sie uns mehr vorangebracht als alles andere. Mit allem Respekt vor all jenen, die ihren Arbeitsplatz oder ihr Unternehmen verloren haben. Ein besonderer Dank gilt Benjamin, unserem ersten Vollzeit-Kollegen, der diesen Geist verkörperte und alles mit uns durchgestanden hat.
Ein Blick zurück und nach vorn
Zusammenfassend lässt sich sagen: Als Gründer und nun seit kurzem als Chairman des Boards blicke ich mit Stolz auf die letzten 10 Jahre von straiv zurück. Was im Keller meiner Großeltern begann, hat sich zu einem Unternehmen mit über 3.400 Kunden in 30 Ländern entwickelt. Wir haben eine starke Technologie aufgebaut und wertvolle Partnerschaften geschlossen. Für mich war es eine Ehre, diese Reise als Managing Director maßgeblich mitzugestalten. In meiner neuen Rolle als Chairman habe ich nun eine andere Perspektive auf unser Unternehmen und kann mich verstärkt auf die langfristige Strategie konzentrieren. Mein tiefster Dank gilt allen Wegbegleitern, Freunden, meinen großartigen Kollegen – unseren „straivern“ – unseren Kunden und Partnern, die diesen aufregenden Weg der letzten zehn Jahre mit uns gegangen sind. Auf die nächsten Kapitel!
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